Gewaltfreie Unterrichtssprache

11. Dezember 2021 Annett Schpeniuk


"Menschen vergessen, was du gesagt und was du getan hast. Sie vergessen aber nie, wie sie sich bei dir gefühlt haben."  (Maya Angelou)

Stressfrei in die Ausrichtung "Lebt wohl: Pressen, drücken, ziehen" 

Sprache und Yoga sind eng miteinander verwoben, denn über die Stimme und die verbalen Anweisungen leiten wir unsere Lernenden dazu an, Haltungen einzunehmen, zu erspüren und sich selbst dadurch besser kennenzulernen.

Doch setzen sie das Gesagte auch wirklich um und können mit Hilfe unserer Sprache ins Spüren kommen?

Von Marshall Rosenberg habe ich gelernt aus Bedürfnissen heraus zu kommunizieren. Ich habe noch nie von einem Bedürfnis nach „Pressen, drücken oder ziehen“ gehört. Doch sind genau das Worte, die häufig in den Yogaklassen fallen.

„Press das Schambein in die Matte“  (Kobra)

„Zieh dein Bein ….“

"Drücke die Füße in den Boden“ (Standhaltungen)

„Drücken, ziehen und pressen“ lösen Stress in mir aus und sind Ansagen, die nicht mal funktionell sind. Durch Druck und Zug entsteht an irgendeiner Stelle Enge, Steifheit oder Beweglichkeitseinschränkung. Doch „Der Körper möchte nonstop, tags wie nachts in spontaner Reaktionsbereitschaft sein. Der Adler ist jederzeit bereit zum Fliegen, der Delfin schwimmt im Schlaf.“ (Benita Cantieni) Wogegen wir mit diesen Ansagen es unseren Lernenden schwer machen. Ziel von Yoga ist in meinen Augen Raum und Weite, nicht Enge und Starre. 

Wie können wir unsere Sprache anpassen, damit das Gehörte in einer ausgerichteten sicheren Haltung landet? Korrekte Anweisungen für den Körper werden nicht von allen verstanden, das haben wir Lehrenden schnell gemerkt. Was sollen die Ausführenden machen, wenn sie angehalten werden ihr „Herz zu öffnen“ ohne dass sie in Stress geraten?

Das Konzept der 5 Koshas kann hierfür sehr hilfreich sein. Sie repräsentieren unterschiedliche Bewusstseinseben, über die wir uns wahrnehmen können. Im Yoga wollen wir alle Ebenen ansprechen und einbeziehen, um den Praktizierenden neue Möglichkeiten des Erlebens anzubieten.

Auf wie viele Arten kann man Rückbeugen ansagen oder das „Bein strecken“ lassen?

Welche Ansagen sind hilfreich?

Um bei den Beispielen oben zu bleiben:

  • „Verlängere dein Kreuzbein in Richtung Fersen“ (dadurch legt sich das Schambein wie von selbst näher an den Boden, der Unterbauch tonisiert sich, der untere Rücken ist geschützt und die Beweglichkeit der Brustwirbelsäule mit dem Brustbein ist gesichert)
  • Statt ziehen passt besser „bewege in Richtung“
  • Statt drücken: „rolle den Großzehballen und die Außenkanten der Fersen zueinander“

Vorschläge für Ansagen mit Einbeziehung der Koshas:

  • „Nimm die Empfindung des Streckens und das lösende Gefühl nach der Übung wahr“ (Pranamaya Kosha)
  • „Zeichne mit den Ellenbogen in der Auf- und Abwärtsbewegung einen Kreis“ (Manomaya Kosha)
  • „Dehne mit der Einatmung deinen Brustkorb dreidimensional aus (Manomaya Kosha),
  • „Fülle deinen Brustkorb beim Einatmen wie einen Luftballon auf.“ (Vijnanamaya Kosha)

 Tipp:

  • Unterrichte dich selbst und mache eine Audioaufnahme, höre dir danach zu und schreibe deine Eindrücke auf.
  • Versuche auf jedes Kosha eine Ansagen zu kreieren, die das Ziel der „Beinstreckung“  vermittelt.