Online - Yoga; Pro´s und Con´s
Was kann online Yoga ... und was eben nicht?

13.04.2021, Annett Schpeniuk


Schlabberlook versus Modenschau?

Better safe than sorry?

Zeitersparnis statt einer gemütlichen Tasse Tee?

 

Fast können wir es uns schon gar nicht mehr vorstellen wie es war: gemeinsam Yoga in einem Raum üben. Der/die Lehrer*in bewegte sich zwischen den Mattenreihen, legte mal hier, mal da die Hand auf und alle tönten zusammen das ein oder andere Mantra.

Und wie ist es jetzt online so?

Zunächst zur Sicherheit:

Yoga 24 Stunden, 7 Tage die Woche … sehr praktisch möchte man meinen. Doch es kann ganz schnell gehen: zu stark in den Twist gedreht oder in der Rückbeuge die Lendenwirbelsäule außer Acht gelassen … Autsch.

Typische Situation: „Puuh, die Lehrerin hat ja die Füße fast am Kopf … das muss ich wohl auch schaffen.“ Sich mit aller Kraft in eine Haltung zu zwängen und nicht auf den eigenen Körper zu hören, kann daneben gehen.

Die Vielzahl der Teilnehmer*innen übt zuhause, sie genießen, dass sie stressfreier und ohne Hetze vom Home Office – Stuhl auf die Matte wechseln können. Zudem fällt die Modenschau mit den Mattennachbar*innen weg. Aber gerade Teilnehmer*innen mit Familie im Hintergrund, stehen innerlich auf Abruf. Das bedeutet, dass sie manchmal nicht wirklich präsent sind und dadurch die Zeichen des Körpers nicht wahrnehmen können, zu weit gehen und sich am Ende noch verletzen. Manch einer wird auch durch den Fakt, dass er nicht „beobachtet“ wird, nachlässiger in den Haltungen.

Für mich als Yogalehrerin besteht die Schwierigkeit darin, dass ich die Gesichter der Schüler*innen nicht sehen kann. Der Blick, die Mimik, die Muskelanspannungen im Gesicht und vor allem der Atem zeigen mir im Yoga Raum in größerem Maße an, ob die Haltung noch geeignet ist oder eine Variante bzw. Hilfsmittel angebracht sind. Die Konsequenz für den Online Unterricht besteht nun darin, dass ich so viele wie mögliche Varianten und Hilfsmittel ansage, damit bloß jede*r seine passende Haltung findet, in der sich keine*r verletzt. Das allerdings minimiert wiederum die stillen Momente in der Yogaklasse.

Die Teilnehmer*innen lernen Selbstverantwortung und „verlassen“ sich nicht mehr so sehr auf den/die Lehrer*in.

Beim Online Yoga gelingt es den meisten leichter sich auf sich selbst zu konzentrieren und nicht zu schauen was die anderen „besser“ können. Es muss nichts bewiesen werden, der „Gruppenzwang“ fällt weg.

Ich erinnere meine Teilnehmer*innen regelmäßig daran, präsent zu bleiben und auf den Körper zu hören und gegebenenfalls lieber einen Gang zurückzuschalten.

Online – Unterrichten hat mir wieder mal gezeigt, dass „weniger mehr“ sein kann. Ich leite so kreativ wie möglich einfache Übungen an, die dennoch anstrengend sein können. So fühle ich mich sicherer und die Schüler*innen hoffentlich auch.

Welche Auswirkungen hat online Yoga auf das Gemeinschaftsgefühl?

Durch Online-Yoga können wir mit Menschen üben, die weit weg sind. Wir können ohne viel Aufwand in Verbindung bleiben und das stärkt das Zusammensein. Bei den Ausbildungen hält das Zufallsprinzip der "Breakt-Out-Rooms" immer wieder überraschende Momente bereit, weil so Menschen miteinander ins Gespräch kommen, die sonst nicht unbedingt in der Gruppe zusammentreffen würden.

Zudem wird jetzt möglich, was vorher nur selten möglich war, es kann mit der Familie praktiziert werden. Diese Art der gemeinsamen Bewegung und „Quality-Time“ genießen viele unserer Teilnehmer*innen.

Andererseits fehlt der eigentliche Austausch in den kleinen Momenten vor und nach dem Unterricht, gar nicht unbedingt im Yoga-Raum selbst, sondern beim Tee oder der Warteschlange vor dem Klo. Dieses kostbare gemeinsame Verweilen, die Blicke, die Anekdoten - das fällt derzeit im Online-Yoga meist komplett raus.

Wie sieht es mit der Regelmäßigkeit aus?

Durch das gestiegene Online-Angebot, die Zeitersparnis ohne die notwendige Wegstrecke und die Wetterunabhängigkeit gehen viele beständiger ihrer Praxis nach, da die Bequemlichkeitsschwelle dramatisch gesenkt wird. Wer vor Corona im Schnitt 1-mal wöchentlich geübt hat, sitzt jetzt öfter 2 bis 3 mal die Woche auf der Matte und bewegt sich. Viele sind neugierig geworden, schauen sich unterschiedliche Lehrer*innen an, was viele neue Perspektiven bereithält und Vielfalt in den Übungen.

Durch die unkomplizierte Buchung und vielfache Teilnahme erkennen jetzt auch unsere Senioren, dass Yoga eine wunderbare Sturzprophylaxe und Mittel gegen „Alterssteifheit“ sein kann.

Allerdings erhöht sich auch der Druck durch dieses große Angebot, es muss immer wieder umgedacht, sich angepasst werden. Unter Umständen geht das zu Lasten der Regelmäßigkeit.

(Mit diesem Beitrag teile ich Erfahrungen von Kerstin R., Ilona D., Isabel S. Willi B, Sigrun D., Katharina M. und Ralf S.)

Tipp:

Gehörst du auch zu den Yogis, die befürchten, online nicht „richtig“ zu üben oder noch mehr kaputt zu machen? In meinem Seminar "Achtsame Asana-Anatomie für gesunde Bewegungsmuster", lernst du sicher zu praktizieren, egal ob du Yogatreibende*r oder Yogalehrer*in bist

Achtsame Asana - Anatomie