Chill doch mal und sammle Energie!

1. Oktober 2022 Annett Schpeniuk


 „Muße ist die Intensität des Augenblicks, der sich zeitlich zu Stunden oder Tagen ausdehnen kann, um sich auf ein Einziges zu konzentrieren: Eigenzeit.“ (Helga Nowontny)

Lieber mal abhängen, um später nicht durchzuhängen!

Der Hang zum Abhängen war bisher nur den Faultieren vorbehalten, die damit über dem Dach des Regenwaldes Stunden bzw. Tage verbringen. Doch auch das Faultier ist nicht untätig, denn es wählt sehr intelligent seinen Platz. Es hängt nur da rum, wo es leicht an frische Blätter kommt. Warum mehr Energie verbrauchen als unbedingt nötig? Dieser ökonomische Ansatz macht sie noch sympathischer.

Können wir etwas daraus lernen?

Chillen ist jene Sequenz im Leben, in der man keinen Plan hat. Man ist ohne Verantwortung (außer für sich selbst) und ohne Ziel, man lässt sich ganz einfach fallen. Alles, was man in dieser Phase macht, folgt keinem größeren Zweck. (oder doch?) Das kann in der Sonne liegen sein, im Park mit Freunden herumsitzen, gedankenverloren einen Apfel betrachten oder sich an die Schulter seines*r Partner*in lehnen. In Zeiten der Selbstoptimierung, die wir fast schon mit der Muttermilch einsaugen, entdecken wir die Muße neu: mal nicht (worin auch immer) besser werden müssen oder sich mal nicht dem Scheffel von Leistung und Effektivität unterordnen, sondern sich eher im Sinne der Selbstfürsorge „hängen“ lassen. Die ursprüngliche Bedeutung von Muße: Gelegenheit bzw. Möglichkeit, lässt sich direkt mit „im Augenblicksein“ in Verbindung bringen. Man bleibt in Besonnenheit und Präsenz im gegenwärtigen Moment, lässt Eindrücke nachschwingen und regeneriert.

Wenn ein kleines Kind im Buddelkasten in sich selbst versunken, den Sand wieder und wieder durch die Hände rieseln lässt, oder jemand ganz im Moment des Sonnenuntergangs aufgeht sind wir Flow. In solchen Momenten des Versunkenseins erfahren wir Momente der Übereinstimmung mit uns selbst, was Nietzsche so feinsinnig „die Windstille in der Seele“ nannte.

Das Gegenteil von Muße ist demnach Stress.

Muße, Abhängen und Nichts-Tun sind also ein wunderbares Präventionsmittel gegen Stress.

Entspannen und abhängen als Methode nicht zu Verspannen und im Ernstfall „durchzuhängen“.

Muße kann auch ein hilfreicher Schritt auf dem Weg deiner spirituellen Entwicklung sein. Leerlauf im Hirn sortiert unsere Gedanken und verhilft zu geistiger und mentaler Stabilität.

Hier offenbart sich deine Lust am Leben, du kommst leichter in deine Mitte und kannst dich auf das Wesentliche besinnen. Du darfst dir also auch ruhig mal erlauben weder zu meditieren oder Yoga zu praktizieren.

Kleines Experiment gefällig?

Probiere doch mal eine Woche lang dir jeden Tag 10 min des Nichts-Tuns zu genehmigen und schau was passiert! (bitte nicht lesen)

(Vielleicht melden sich auch die Bewertungen aus deiner Kindheit: „Schau nicht in die Luft!“, „Tu doch was!“ Lass dich davon nicht durcheinanderbringen. Du gönnst dir Gutes mit Nichts-Tun.)

Und wenn es doch Yoga sein soll:

Viparita  Karani, als entspannte Umkehrhaltung (Rückenlage und Beine hoch), die die Schwerkraft umdreht, kostet kaum Energie und bietet viele Vorteile. Blut und Lymphe, die im Tagesverlauf in den Beinen versackt sind, fließen mit Hilfe der Schwerkraft zurück in den Rumpf und ins Gehirn, wo Abbaustoffe ausgeschwemmt werden. Der Atem wird verlangsamt, was zur Anregung des Sauerstoffaustausches führt. Eine Deckenrolle unter der Brustwirbelsäule erleichtert die kleine Rückbeuge. Das Herz muss das Blut nicht den Berg hinauf in die Aorta pumpen, sondern hat auch hier die Schwerkraft als Partner. Zudem entsteht Weite im Brustkorb und damit Raum für Atmung.

Das wäre dann intelligentes abhängen.

TIPP

Falls es mit der unbeaufsichtigten Variante des Nichts-Tuns nicht klappt, wäre vielleicht unsere Stille Woche etwas für dich.

Infos findest du hier