Die wundersame Stärke der guten Gedanken

14. Mai 2023 Annett Schpeniuk


"Gedanken sind wie Ping-Pong-Bälle in meinem Kopf - manche sind Meister im Looping, andere verfehlen das Ziel und landen im Nachbarfeld."

Affirmationen & Neuroplastizität

Unsere Gedanken beeinflussen unser Erleben. Je nachdem ob sie negativ, positiv, hilfreich oder hinderlich sind – sie prägen wie wir die Welt um uns herum wahrnehmen und empfinden. So kann uns eine optimistische Denkweise aus der Negativspirale heraushelfen.

Zunächst hört sich das etwas weit hergeholt an, aber Studien zeigen, dass allein das Konzentrieren auf positive Gedanken, wie zum Beispiel Affirmationen (positive, bejahende Aussagen, die man wiederholt) direkt auf unser Gehirn wirken. Und das wiederum wirkt sich auf unser Stresserleben, unsere Entscheidungen, Interaktionen mit unseren Mitmenschen, unser Alltagsverhalten bzw. unsere generelle Lebenseinstellung aus. Es entsteht eine Art Lotuseffekt, der negative Gedanken abperlen lässt.

Affirmationen funktionieren ähnlich wie Muskeln. Je häufiger wir sie nutzen, umso stärker werden sie. Dadurch fällt es uns leichter schlechte Gewohnheiten, auch die in Gedankenform, gegen günstigere zu ersetzen, Ängste und Zweifel werden gemindert und das Vertrauen in sich selbst bzw. die Fähigkeit zur Selbstwirksamkeit werden gestärkt. Kurz gesagt helfen Affirmationen das eigene Leben und die eigene Lebensweise so zu gestalten, wie wir sie gerne hätten. Mit Hilfe von Affirmationen können wir zu unserem eigenen Fan werden. Sätze wie: „Du machst das super, weiter so!“ solltest du nicht nur von anderen, sondern von dir selbst hören; geschrieben gilt natürlich auch.

Unser Gehirn unterstützt dieses Unterfangen mit seiner Fähigkeit neue Nervenbahnen und Verbindungen zwischen Nervenzellen zu bilden. Diese Fähigkeit beschreibt das Wort Neuroplastizität. Mit Hilfe dieser Fähigkeit kann sich unser Gehirn erholen und sogar wachsen. Denn wenn wir unserem Gehirn Hindernisse in den Weg legen, gibt es nicht etwa auf, sondern findet Wege das Hindernis zu umgehen. Wir können uns unsere Nervenbahnen wie eine Straßenkarte vorstellen. Tagtäglich fahren wir die gleiche Strecke zur Arbeit. Gibt es einen Unfall oder Stau auf der altbekannten Strecke, drehen wir ja nicht um und lassen die Arbeit ausfallen. Wir suchen stattdessen eine neue Route. Auch wenn es etwas länger dauert, kommen wir ans Ziel. Dafür steht die Neuroplastizität: andere Wege für bestehende Verbindungen zu finden. Anfangs erscheint die neue Strecke nicht sehr zuverlässig, sicher oder gleichmäßig. (mit unseren bekannten, wenn auch hinderlichen Gedanken oder Gewohnheiten kennen wir uns immerhin gut aus) Wenn du an einer neuen Gewohnheit, wie positive Gedanken zu etablieren, arbeitest, ebnest du einen zusätzlichen Weg in deinem Gehirn. Aus einem unbekannten Weg wird nach und nach, je öfter er gewählt wird, eine bekannte Strecke. Sobald diese neue Strecke als Gewohnheit gefestigt ist, fühlst du dich wohl auf ihnen, sie sind gar nicht mehr fremd. Du kennst nun neben dem altbekannten Weg noch den schnellsten, den schönsten oder den sichersten Weg, neue Routen werden zur Gewohnheit und vielleicht sogar zur bevorzugten, weil es dir besser auf ihnen geht. Negative Denkmuster und Glaubenssätze können durch wiederholtes positives Denken und Affirmationen allmählich umprogrammiert werden. Plötzlich müssen wir uns gar nicht mehr in Gedanken runter machen, sondern sind in der Lage unser eigener Freund zu sein. Man könnte sich beispielsweise sagen: "Ich wähle positive Gedanken und glaube an die Möglichkeiten, die das Leben mir bietet." Oder eine Affirmation wie "Ich bin gelassen und finde innere Ruhe, selbst in herausfordernden Situationen" kann dabei helfen, sich zu beruhigen und Stress zu reduzieren. Diese Herangehensweise ist eine große Hilfe unseren ganzen Körper gesund zu halten. Bei Fehlschlägen gehen diejenigen, die in der Lage sind sich selbst Mut zuzusprechen, weniger hart mit sich ins Gericht. An dieser Stelle könnte ein Dank an unser Gehirn gehen.

Es ist ja allgemein bekannt, dass Bewegung guttut, da stimmt auch unser Gehirn zu. Besonders die Bewegungen, die unser Herz so richtig in Schwung bringen, unterstützen über die Freisetzung des Hormons BDNF (Brain-derived neurotrophic factor) das Wachstum von Nervenzellen und Schaffung neuer Verbindungen. Die Übung für heute könnte also darin bestehen, ganz schnell mit dem Fahrrad zu radeln und mindestens eine Affirmation dabei laut und mehrmals zu rufen.

Anzumerken ist, dass Affirmationen allein keine sofortige Lösung für tiefsitzende Probleme oder psychische Erkrankungen bieten. Sie können als Werkzeug zur Unterstützung bei der Entwicklung eines positiven Denkens und zur Förderung des Wohlbefindens eingesetzt werden.

Da das ja hier ein Yoga-Blog ist, wagen wir uns auf die Brücke zum Yoga.

Die Yogaphilosophie bietet Konzepte und Praktiken, die Ähnlichkeiten mit Affirmationen haben.

Im Yoga werden Mantras (heilige Silben oder Worte) über Tönen oder denken wiederholt. Das kontinuierliche Wiederholen eines Mantras kann beruhigend auf den Geist wirken und positive Schwingungen erzeugen. Diese Wiederholung ähnelt der Wiederholung von Affirmationen, um positive Gedankenmuster zu stärken. Abgesehen davon liegt eine besondere Kraft in den getönten Sanskrit Silben, die direkt auf unsere Energiezentren wirken und somit auf einer tieferen Ebene für Freundlichkeit sorgen.  

Sankalpa (Entschluss) ist eine Absicht oder eine positive Aussage, die während einer Yogapraxis, Meditation oder Yoga Nidra zu dir findet oder formuliert wird. Es kann als eine Art übergeordnetes Ziel oder Wunsch von Affirmationen betrachtet werden, das auf einer tieferen Ebene des Bewusstseins verankert wird. Ein Sankalpa wird mit Überzeugung und emotionaler Resonanz gewählt, um eine positive Veränderung im Leben herbeizuführen. Beispiel: „Ich lebe mein Leben in freundlicher Offenheit allen Lebewesen gegenüber.“

Svadhyaya ist ein Konzept des Selbststudiums und der Selbsterforschung im Yoga. Es beinhaltet unter anderem die Reflexion über die eigenen Gedanken, Verhaltensweisen und Glaubenssätze, um ein tieferes Verständnis des Selbst zu erlangen. Durch Svadhyaya kann man negative Gedankenmuster erkennen und durch positive Affirmationen ersetzen, um das Bewusstsein zu transformieren. Du könntest dir die Frage stellen, ob deine Gedanken hilfreich sind oder eher hinderlich in Bezug auf ein glückliches Leben.

Obwohl diese Konzepte der Yogaphilosophie Ähnlichkeiten mit Affirmationen haben, ist es wichtig zu erwähnen, dass sie nicht genau dasselbe sind. Affirmationen sind spezifische positive Aussagen, die gezielt wiederholt werden, um das Denken und Verhalten zu beeinflussen. Die genannten yogischen Praktiken haben ihre eigenen einzigartigen Zwecke und Nuancen. Nichtsdestotrotz können Affirmationen als eigenständige Praxis oder in Kombination mit den Prinzipien der Yogaphilosophie verwendet werden, um persönliches Wachstum, positive Veränderungen und spirituelle Entwicklung zu unterstützen.